
Warum ich forsche: Nazmun Nahar
Die Umwelt wirksamer schützen
- von Juliana Fischer
- 23.04.2025
- English version
Wenn Nazmun Nahar im Labor arbeitet, beobachtet sie genau, wie sich Herbizide auf die winzigen Lebewesen in unseren Flüssen auswirken. An der Universität Duisburg-Essen hat sie ein klares Ziel: das Leben in Flüssen und Bächen besser zu schützen – durch klügere Analysen und mehr Auge fürs Detail.
Warum reichen herkömmliche Studien zu Herbiziden nicht aus?
Viele Studien stützen sich auf eine begrenzte Anzahl von Standardtestarten, konzentrieren sich hauptsächlich auf das Überleben oder verwenden Konzentrationen, die nicht den natürlichen Bedingungen entsprechen. So übersehen sie oft, was mit Nichtzielarten in natürlichen Ökosystemen geschieht - Organismen, die ebenso wichtig sind. Ich schaue mir das aus einem anderen Blickwinkel an, indem ich die subtilen Veränderungen untersuche: Ich beobachte, wie sich im Feld gesammelte Organismen verhalten, die Herbiziden in der Umwelt ausgesetzt sind, ob sie sich noch normal bewegen, Anzeichen von Stress zeigen oder Veränderungen der Energiereserven oder enzymatischen Aktivitäten auf biochemischer Ebene aufweisen.
Was muss bei ökotoxikologischen Studien verbessert werden?
Wir müssen ganz klar unsere Perspektive erweitern. Ökosysteme sind komplex; Organismen sind mehreren Stressfaktoren gleichzeitig ausgesetzt, darunter Schadstoffe, veränderte Umweltbedingungen, Wechselwirkungen wie Parasitismus oder Wettbewerb usw. Doch die meisten Studien übersehen diese Dynamik. In meiner Forschung suche ich nach komplexen Wechselwirkungen und Frühwarnsignalen. Ich setze mich daher für die Berücksichtigung von Umweltfaktoren für eine realistischere und zuverlässigere Risikobewertung ein.
Sie untersuchen auch den Einfluss von Parasiten - warum?
Parasiten sind in der Natur allgegenwärtig – sie beeinflussen das Verhalten, die Stressreaktionen und sogar das Überleben ihrer Wirte. In der Ökotoxikologie werden sie jedoch häufig übersehen. Dabei zeigen aktuelle Erkenntnisse: Ihr Einfluss auf Schadstoffwirkungen kann erheblich sein. In einer aktuellen Studie* habe ich untersucht, wie Flohkrebse auf das Herbizid Metazachlor reagieren – mit und ohne Befall durch Kratzwürmer. Befallene Tiere waren aktiver und weniger anfällig für die Schadstoffwirkung. Dieses Verhalten könnte den Parasiten nützen, da es die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Flohkrebse von ihren Endwirten gefressen werden. Das zeigt: Wer Parasiten in Umweltstudien ignoriert, riskiert Fehleinschätzungen. Ich bin der Meinung, dass sie als wichtige Umweltfaktoren betrachtet werden müssen.
Sie haben in Bangladesch und Deutschland studiert und promovieren jetzt in Duisburg-Essen. Welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben, die in die Wissenschaft gehen wollen?
Bleibt neugierig – und traut euch, neue Wege zu gehen. Die Wissenschaft lebt vom Dialog zwischen den Disziplinen. Wenn man offen ist und mit anderen zusammenarbeitet, kann man ganz neue Perspektiven entdecken. Und seid geduldig mit euch selbst. Es ist ein langer Weg, aber wenn man dranbleibt, lohnt er sich.
Zur Studie: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0269749124021304?via%3Dihub
Weitere Informationen:
Nazmun Nahar, Fakultät für Biologie, Aquatische Ökologie, nazmun.nahar@uni-due.de